Joseph Beuys (1921-1986): „Die einzig revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität - die einzige revolutionäre Kraft ist die Kunst.”
Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden. Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen.”

Joni Mitchell (1943*): „Sie haben das Paradies zugepflastert, um einen Parkplatz zu bauen.
(Big Yellow Taxi, 1970)


Können Lieder und Songs die Welt retten?

Alle Dinge dieser Welt (All things bright and beautiful) (1983) – John Rutter
J. R.: „Singen im Chor hat besonderen Wert hat, da es Menschen in Harmonie zusammenführt, zu einer Zeit, wo es in der Politik so viele Dissonanzen gibt“.

Big Yellow Taxi (1970) - Joni Mitchell
J. M.: „Ich schrieb ‚Big Yellow Taxi‘ auf meiner ersten Reise nach Hawaii. Ich nahm ein Taxi zum Hotel und als ich am nächsten Morgen aufwachte, zog ich die Vorhänge zurück und sah diese wunderschönen grünen Berge in der Ferne. Dann schaute ich hinunter und da war ein Parkplatz, soweit das Auge reichte, und es brach mir das Herz … dieser Schandfleck im Paradies.“

Mercy, mercy me (1972) – Marvin Gaye
Gayes Meisterwerk über das Entsetzen und die Trauer über die von Menschen herbeigeführten Zustände wie Krieg, Diskriminierung und Umweltzerstörung.
„Ein vergifteter Wind weht aus Norden, Süden und Osten…Öl verpestet unsere Ozeane und Meere…wieviel Missbrauch durch den Menschen kann die Welt noch ertragen?“

For the Beauty of the Earth (1980) – John Rutter
„Für die Schönheit der Erde und die Schönheit des Himmels, für die Liebe, die von unserer Geburt an auf und um uns ist, dir, unser Herr, singen wir unsere freudevolle Hymne.“

In zehn Jahren (2013) – Maybebop
„In zehn Jahren redet keiner mehr von Atom
In zehn Jahren, da gibt es sicher nur noch Sonnenstrom
In zehn Jahren macht sich keiner mehr für Erdöl krumm
Denn dann fahren nur noch Elektroautos rum“

Na gut…

Keine Zeit (2020) – Dota Kehr
‚„Hier stehen wir,
mit dem Kummer und mit der Wut über sterbende Arten und Meere voll Müll und der Angst vor der kommenden Flut. Ein begrenzter Planet und unendliches Wachstum, dass das nicht geht, ist doch trivial.
Aber wer, wenn nicht wir? Und wenn jetzt nicht, wann dann? Jetzt ist Schadenbegrenzung noch möglich. Doch dafür muss sich sehr vieles ändern. Und jetzt fängt es an.“

 

Hörmusik (2024)
Zum (Zu)hören, diesmal aber auch zum Schauen…wer will. Sie können „waehlen“.



La Mer ( 1943) – Charles Trenet
„Das Meer, das man an den klaren Küsten der Meeresbuchten entlang tanzen sieht
mit den silberfarbene Lichtspiegelungen…
Das Meer, Hüter eines unendlichen Blaus…hat mein Herz beruhigt für mein ganzes Leben.“

Abschied vom Walde (1843) - Felix Mendelssohn Bartholdy
Ein Loblied auf all das, was die Natur uns gibt, fernab der „geschäft’gen Welt“; und eine Mahnung, dies nicht aufs Spiel zu setzen.

Dreamer (2000) – Ozzy Osbourne
Eine Vision von Menschen und der Menschheit, die die Erde zerstören:
„Ich schau auf die Welt da draußen, wann wird man endlich aufhören unsere Mutter Erde zu missbrauchen? Ich bin ein Träumer…von besseren Tagen“


PAUSE

 

Espérance (2024) – Erwin Schaffer

Inspiriert durch Corine Pelluchons „L'espérance, ou la traversée de l'impossible“ (2023).
Deutsche Übersetzung im selben Jahr: „Die Durchquerung des Unmöglichen. Hoffnung in Zeiten der Klimakatastrophe.“
C. P.: „Hoffnung entsteht nach der Erfahrung des Nichts. Hoffnung ist nicht zu verwechseln mit einer persönlichen, positiven Erwartungshaltung. Sie ist überwundene Verzweiflung und gibt dem Lauf der Dinge eine neue Wendung.“

 

The 3 R’s (2006) – Jack Johnson

Als Kinderlied produziert, macht es auf die Wichtigkeit von Umweltschutz und Nachhaltigkeit aufmerksam: Reduce, Reuse, Recycle (Reduzieren, Wiederverwenden, Recyceln).

 

What a wonderful World (1967) - Louis Armstrong

Schau auch auf die schönen Seiten der Welt, gerade in Zeiten des Hasses, der Gewalt und es politischen Klimas (in den USA der damaligen Zeit), so gemeint.
„Grüne Bäume, rote Rosen blühen für dich und mich…Die Farben des Regenbogens, so herrlich im Himmel, sie scheinen auch auf den Gesichtern der Menschen. Ich seh, wie Freunde sich die Hände schütteln…“

 

Der Jäger Abschied (1841) – Felix Mendelssohn Bartholdy

Ein Loblied auf den Schöpfer des Wunderwerks der Natur mit all ihrer Schönheit und ein wehmütiger Abschiedsgruß an diesen geliebten Ort. Damals eine romantische Verklärung. Heute bittere Realität.

 

Im Abendrot (1825) – Franz Schubert

Die Welt, wie von Gott geschaffen, erstrahlt golden, erst recht im Abendrot. Am Abend des Tages…

 

Bad Moon Rising (1968) – Creedance Cleerwater Revival

„Ich sehe einen bösen Mond aufgehen, sehe Unheil auf uns zukommen, sehe Erdbeben und Blitze, sehe schlimme Zeiten voraus.“

John Fogerty: „Das Lied war eine Metapher. Ich habe nicht nur über das Wetter geschrieben. Die Zeiten schienen in Aufruhr zu sein. Martin Luther King und Robert F. Kennedy waren ermordet worden. Ich wusste, dass es eine turbulente Zeit war.“

 

The Seed (2019) – Aurora

"The Seed" basiert auf einem indianischen Sprichwort, das die Menschen ermahnt, die Natur nicht im Namen des Profits zu missbrauchen: Wenn alle Bäume gefällt sind und alle Flüsse vergiftet, Geld kannst du nicht essen.

Aurora Aksnes: „Ich vermisse die Wut in der Jugend. Nicht die blinde Wut, die auf alles und nichts gerichtet ist. Aber die Art von Wut, die dich morgens aufweckt, die Art von Wut, die dich dazu inspiriert, etwas mit der Kraft zu tun, die du in dir hast. Also habe ich einen Song gemacht. Gefüllt mit Feuer. Und Macht. Es ist an der Zeit, dass wir wirklich für sie kämpfen. Das ist ein Schrei nach Mutter Erde.“

 

Stück vom Himmel (2007) - Herbert Grönemeyer

H.G.: „Die Welt ist nur noch gemeinsam zu retten. Alles, was passiert, ist sofort global. Jeder Virus, die Armut. Alles. Diese Welt halten wir alle in den Händen. Aber nur, wenn man sich wirklich öffnet und nicht anfängt, sich plötzlich durch Religion (Hintergrund: Irak-Krieg) zu separieren und voneinander zu trennen.“

 

Don’t stop (1977) – Fleetwood Mac

Das Lied verarbeitet die Beziehung zweier Bandmitglieder (Christine und John McVie). Für uns aber gilt die Aufforderung: Denk immer an morgen, dass alles besser wird.

 

Können Lieder und Songs die Welt retten?
Natürlich nicht.
Aber vielleicht sie können mit dafür sorgen, dass es geschieht.

***

Zwei Antworten auf die Frage:
Was kann die Kunst
(in unserem Fall: Was können Lieder und Songs) beitragen zu einer Verbesserung der Welt und falls ja, soll sie das tun?

 

Konrad Paul Liessmann, österreichischer Professor für Philosophie, Essayist und Kulturpublizist und scharfer Kritiker der Umweltverschmutzung und der Technikvergötterung: „Die Kunst kann weder zu dem Einen noch zu dem Anderen etwas beitragen, denn die Kunst, um das mal etwas pointiert und provokativ zu formulieren, ist jenseits der Welt, sie ist eine Welt für sich, sie ist tatsächlich eine Sache des Einzelnen für Einzelne. Sie gibt uns einen Begriff davon, was es jenseits unserer politischen, sozialen, ökonomischen, technischen Welt noch geben kann. Von diesem Jenseits her gibt es keine Möglichkeit, in diese Welt zielgerichtet einzugreifen.“

 

Friedrich von Borries, deutscher Architektur- und Designtheoretiker, Kurator und Schriftsteller, fokussiert u.a. auf Themen wie Klimawandel und Nachhaltigkeit:

„Es ist nicht die Aufgabe der Kunst, die Welt zu retten. Aber es eine Aufgabe, wenn nicht sogar eine Verpflichtung der Kunst, sich mit den Wirklichkeiten und den Möglichkeiten unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen. Das zu tun, ist – sofern es als Kunst und mit den Mitteln der Kunst erfolgt – keine Instrumentalisierung von Kunst für politische Zwecke, sondern Ausdruck von Freiheit: Eine Freiheit, die nie nur eine künstlerische, sondern immer auch eine politische ist.“

 


Welcher These man immer auch geneigt ist zuzustimmen, Vieles muss für die Zukunft verändert werden, sonst erleben wir die Katastrophe der Zerstörung unserer Welt (James Lawrence Powell). Das kann nur verhindert werden, wenn man jetzt daran arbeitet. Und das tun wir. Die KLIMA ARENA im Großen, und wir im Vokalensemble Sinsheim im Kleinen.

Durch unser Projekt „Ohrenzeuge.6 Das Sinsheim Protokoll“ betonen wir die emotionale Annäherung (Joachim Bauer) an die Problematik. Sollte sie nicht auch ein wichtiger Hebel sein, um tatsächlich zu spüren, zu fühlen, dass es nicht so weit kommen darf, dass wir vielleicht alles verlieren: „Don't it always seem to go that you don't know what you've got 'til it's gone?“ (Scheint es nicht immer so zu sein, dass du nicht weißt, was du hast, bis es weg ist?) in: Big Yellow Taxi (Joni Mitchell).

Der US-amerikanische Bildhauer Richard Serra sagt: „Kein Kunstwerk verändert die Welt, aber die Gedanken darüber vielleicht“. Es bedeutet nichts anderes, als dass auch Musik unsere Wahrnehmungen erweitern kann. Lieder und Songs beeinflussen unsere Gefühle und Gedanken und somit in bestem Fall unsere Sichtweisen. Warum sollte man dadurch nicht auch einen anderen Zugang zur Welt finden?
Erstmal geht es nicht um die Frage, was hier ein Kunstwerk sei und was nicht. Zuvor haben die Autoren unserer Musikauswahl Werke geschaffen, die einen anderen Ausdruck, einen anderen Tonfall für das gefunden haben, mit dem wir uns sonst in rationaler Sprache und logischen Erklärungen zuhauf konfrontiert sehen. Ich denke, die radikalste Stelle in unserem Programm ist die Liedzeile in Auroras „The Seed“: „When the last tree has fallen, and the rivers are poisoned, you cannot eat money, oh no!“ Zugegeben, eine abgedroschene, oft ausgesprochene Floskel. Aber durch die musikalische Proklamation findet diese Tatsache einen Zugang in unser Inneres, den die Worte zum Beispiel eines Politikers nicht ermöglichen können. Wie auch, bedeutet es doch ein komplettes Überdenken und eine Neuordnung unserer zivilisatorischen Anspruchshaltung (Ulrike Herrmann).

Unser Projekt, unser Anliegen haben wir bekanntgemacht, geöffnet und sind auf offene Ohren und offene Bereitschaften offene Bereitschaft. Das ist viel und Danke dafür. So sind wir Multiplikatoren geworden für die ChoryFeen (Kirchardt), den Männergesangverein Reichartshausen, für Schülerinnen und Schüler der Carl-Orff-Schule Sinsheim, des Wilhelmi-Gymnasiums Sinsheim und der Silcherschule Heilbronn und viele weitere Mitwirkende. Sie alle, so darf man hoffen, werden wiederum zu Multiplikatoren, die zum Nachdenken und Nachhandeln anregen.

Dinge für die Zukunft zu verändern, heißt wie gesagt, an der Gegenwart zu arbeiten. Das gilt nicht nur für uns alle im Kleinen, sondern erst recht für die, die die Dinge im Großen bestimmen. So gut und wichtig es ist, den persönlichen CO2-Fußabdruck zu reduzieren, so wichtig es ist es, „einen weitreichenden, groß angelegten und raschen systemischen Wandel zu vollziehen. … Es müssen die großen Hebel in der Politik, im Rechtswesen, in den Medien, in Finanzinstitutionen, Unternehmen, Vereinen, Umweltorganisationen, Bildungseinrichtungen, und so weiter, bewegt werden.“ (Gabriel Baunach). Es genügt eben nicht, „den Müll zu trennen, Fahrrad und fahren und zu Hause Energie zu sparen, …Millionen müssen sich politisch einbringen“. (Eckart von Hirschhausen).

Betrachten wir unser Projekt „KLIMA ARENA und Vokalensemble Sinsheim“ als Beitrag im Kleinen und als Aufforderung für die Großen!

Erwin Schaffer

Kleine Literaturliste: Ohrenzeuge.6

Corine Pelluchon: Die Durchquerung des Unmöglichen (C.H. Beck – 2023)
Gabriel Baunach: Hoch die Hände – Klimawende (emf - 2023)
Joachim Bauer: Fühlen, was die Welt fühlt (Heyne – 2020)
Peter Carstens: Das Klimaparadox (riva – 2020)
Harald Welzer: Zeitenende (S. Fischer – 2023)
Ulrike Herrmann: Das Ende des Kapitalismus (Kiepenheuer & Witsch – 2022)
James Lawrence Powell: 2084 (Quadriga/Bastei Lübbe – 2011/2020)
Gernot Wagner: Und wenn wir einfach die Sonne verdunkeln (oekom – 2023)
Dirk Steffens: Über Leben (Penguin – 2020)
T.C. Boyle: Blue Skies (Hanser – 2023)
Luisa Neubauer: Gegen die Ohnmacht (tropen – 2022)
Frank Schätzing: Was, wenn wir einfach die Welt retten (Kiepenheuer & Witsch – 2021)
Stephen Hawking: Kurze Antworten auf große Fragen (Klett-Cotta – 2018)
Joachim Gauck: Erschütterungen (Siedler – 2023)